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Gravel Trans Jura 2025 – Ein Abenteuer quer durch den Jura
Beitrag vom 10.06.2025 14:09 in Events
Ein Bikepacking-Event wie das Gravel Trans Jura ist kein klassisches Rennen – es ist vielmehr ein Abenteuer auf zwei Rädern. 415 Kilometer, rund 12'000 Höhenmeter, vier Tage, zwei Brüder – und unzählige Eindrücke.
Ich (Stefan) hatte das Glück, zwei Startplätze zu gewinnen – und es war für mich sofort klar: Das mache ich nicht allein. Also haben wir uns gemeinsam ins Abenteuer gestürzt. Am Vorabend des Starts trafen sich alle Teilnehmenden zum obligatorischen Briefing in Baden. Die Spielregeln waren simpel: Nur bei Tageslicht fahren, alle Verkehrsregeln einhalten. Navigiert wird via App – Markierungen gibt’s keine. Jeder fährt in seinem eigenen Tempo, jeder entscheidet selbst, ob er die Strecke in zwei, drei, vier oder fünf Tagen meistern will. Wir planten vier Tage – mit Übernachtungen in Hotels oder Airbnbs. Ein bisschen Komfort darf sein.
Tag 1 – Ein sanfter Start mit starker Gesellschaft
Der Himmel war leicht bewölkt, die Temperaturen angenehm. Die erste Etappe führte uns über Brugg, vorbei am Schloss Wartenfels, durch Balsthal bis nach Welschenrohr. Die ersten Kilometer waren wie gemacht fürs Einrollen. Wir trafen bereit bei der Anreise nach Baden auf Liliane und Edith – zwei Mitfahrerinnen, die ganz zufällig aus unserem Nachbarsdorf Mosnang kamen. Gemeinsam bewältigten wir einen teil der ersten 100 Kilometer – was für ein schöner Zufall und ein toller Start in dieses Abenteuer!
Am Abend erreichten wir Welschenrohr und liessen den Tag im Hotel Kreuz bei einem warmen Essen ausklingen.
Tag 2 – Regen, Höhenmeter und ein Gewitter auf den Fersen
Der Tag begann direkt mit einem langen Anstieg auf den Weissenstein – und mit den ersten Regentropfen. Je näher wir dem Obergrenchenberg kamen, desto nasser wurde es. Die Trails wurden rutschiger, die Herausforderungen grösser.
Der Aufstieg zum Chasseral hatte es in sich – steil, anstrengend, aber auch beeindruckend. Oben angekommen, zogen wir schnell warme Kleidung an und machten uns an die Abfahrt Richtung Vue-des-Alpes. Trinkwasser war rar – viele Brunnen waren leer, viele Häuser menschenleer. Umso erleichterter waren wir, als wir nur zwei Minuten vor einem heftigen Gewitter unser Airbnb erreichten. Glück im Timing – und ein sehr herzliches Willkommen beim Gastgeber.
Tag 3 – Nebel, Nässe und ein langer Tag
Der dritte Tag startete klatschnass – es goss wie aus Eimern. Wir gaben unseren müden Beinen eine Stunde mehr Ruhe und starteten später als geplant. Unser Tagesziel: der berühmte Creux du Van. Leider lag der Aussichtspunkt im dichten Nebel – statt Panorama gab’s nur Weiss. Aber der mystische Moment hatte auch etwas für sich.
Die Wiesenpassagen forderten unsere Technik. Mit Gepäck und wenig Profil auf den Reifen wurde es schnell rutschig – Konzentration war gefragt. Am Abend kämpften wir uns mit letzter Kraft den finalen Anstieg von Vallorbe nach Premier hoch. Im kleinen Bergrestaurant oben angekommen, gab’s nicht nur ein feines Abendessen, sondern auch das wohlverdiente Gefühl: Wir haben’s wieder geschafft. Unser Airbnb war gemütlich, die Gastgeber herzlich – und nach ein paar schönen Gesprächen fielen wir müde, aber zufrieden ins Bett.
Tag 4 – Frühstart mit Plattfuss, Gipfelsieg und Zieleinlauf
Bereits um 6 Uhr morgens rollten wir los – doch kaum losgefahren, meldete sich der erste und einzige Defekt der ganzen Tour: ein platter Reifen. Noch vor dem Kaffee mussten wir unser Werkzeug auspacken – aber das gehört wohl zu einem echten Bikepacking-Abenteuer dazu.
In Romainmôtier machten wir Halt in der kleinen Bäckerei "Fleur de Farine" – mit Kaffee, Croissants, Pain au Chocolat und ein legendäres Pain aux Raisins mit Lavendel stärkten uns für die nächste Etappe. Von einem kalten Gegenwind begleitet, fuhren wir an den "Lac de Joux" und anschliessend hinauf zum Col du Marchairuz – durch Schlamm, Wind und das über unzählige Kilometer.
Der letzte Abschnitt hatte es nochmals in sich: Der Anstieg auf den Le Barillette (1’528 m) forderte unsere letzten Körner. Unsere Bremsbeläge waren inzwischen komplett am Ende – also nahmen wir die Abfahrt vorsichtig und mit Respekt. Nach ein paar Kilometern Feld- und Radweg war es soweit: Nach 417 Kilometern standen wir am Ziel. Direkt am See. In Nyon. Wir habens Geschafft.
Fazit – Mehr als nur Radfahren
Das Gravel Trans Jura war intensiv, anstrengend – und unglaublich bereichernd. Wir mussten oft unsere Komfortzone verlassen. Trotz Müdigkeit, Kälte, Regen und brennenden Oberschenkeln haben wir jeden Tag gemeistert. Und wir würden es wieder tun – aber vielleicht mit etwas breiteren Reifen oder sogar einem MTB-Hardtail. Die Strecke war teilweise sehr technisch und oft tief im Wald – was bei Hitze sicher angenehm, aber bei Regen etwas eintönig ist. Ein paar mehr Ausblicke wären schön gewesen – aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Was uns besonders berührt hat, war der Spirit unter den Teilnehmenden: Es fühlte sich an wie eine grosse Familie. Niemand kämpfte gegeneinander, alle unterstützten sich. Es ging nie ums Gewinnen – immer nur ums Ankommen.
Danke an die Organisatoren und Sponsoren – ihr habt ein Abenteuer möglich gemacht, das wir nie vergessen werden.
Fun Facts zum Abschluss:
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417,76 Kilometer zurückgelegt
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11’778 Höhenmeter erklommen
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15’617 Kalorien verbrannt
- 12,6 Liter Wasser und Schorle getrunken
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1 Platten repariert
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4 Bremsbeläge verschlissen
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1 defekte Gepäcktasche